17. Januar 2022

Rungholt: Die Faszination meiner Kindheit



„Heut bin ich über Rungholt gefahren,

die Stadt ging unter vor sechshundert Jahren.“

Detlev von Liliencron, 1882/83 ‚Trutz Blanke Hans‘


In den Gezeiten meines Lebens verlor sich der Zeitpunkt und die Umstände, wie ich von der versunkenen Stadt an der Nordseeküste erfahren habe; was jedoch nichts daran ändert, dass mich diese Geschichte und sich um sie rankenden Legenden und Sagen bis heute faszinieren.

Bereits Mitte der neunziger Jahre begann ich damit, die Ergebnisse meiner Recherche über die dänische Stadt zusammenzutragen, stets mit der Absicht einen ganzen Roman über sie zu schreiben. Leider haben bisher immer andere Projekte die Arbeit an diesem Roman verhindert und auch wenn ich bereits zahlreiche DinA4-Seiten an Rechercheergebnissen zusammengetragen habe, so fehlt mir immer noch die Idee zu den Protagonisten. Der Rote Faden ist klar: der Kampf gegen die Nordsee, der mit dem Untergang der Stadt endet, was ganz klar noch nicht ausreicht, um diesen Roman zu schreiben.

Mit meiner ersten Teilnahme am National Novel Writing Month im November 2011 begann ich mich ernsthaft mit möglichen Handlungen eines Rungholt-Romans zu beschäftigen. Eine Idee nach der anderen wurde begutachtet und wieder fallengelassen. Egal was mir auch immer in den Sinn kam, es konnte mich nicht wirklich überzeugen, dass es auch nur einen winzigen Wert besaß, für die Nachwelt festgehalten zu werden.

Und so versank das Projekt erneut in den tiefen meiner imaginären Schreibtischschublade. Jedoch aufgeschoben ist eben noch lange nicht aufgehoben. Es war, es ist und es bleibt mein Ziel, die Sage um Rungholt in einen Roman zu packen.


„In der Vergangenheit - in diesem sicheren Lande liegt auch Rungholt. Einst zu König Abels Zeiten, und auch später noch, stand es oben im Sonnenlichte mit seinen stattlichen Giebelhäusern, seinen Türmen und Mühlen. Auf allen Meeren schwammen die Schiffe von Rungholt und trugen die Schätze aller Weltteile in die Heimat; wenn die Glocken zur Messe läuteten, füllten sich Markt und Straßen mit blonden Frauen und Mädchen, die in seidenen Gewändern in die Kirche rauschten; zur Zeit der Äquinoktialstürme stiegen die Männer, wenn sie von ihrem Gelage heimkehrten, vorerst noch einmal auf ihre hohen Deiche, hielten die Hände in den Taschen und riefen hohnlachend auf die anbrüllende See hinab: ‚Trotz nu, blanke Hans!‘“

Theodor Storm, 1871, ‚Eine Halligfahrt‘


Nach meiner Rückkehr nach Essen im August 2021 waren die Rechercheunterlagen über Rungholt die ersten Seiten, die ich aus meinem Ordner mit angefangenen Projekten hervorholte. Und dabei fiel mein Augenmerk auf den Beruf des Porrenfängers, einem Garnelenfischer. Sofort begann mein Kopf damit, diesen einst ehrbaren Beruf mit dem Wesen eines Seelenfängers gleichzusetzen. Und neben diesem einen Wort stand auf einem kurzen, gerade einmal vier zeilen langem Absatz die Geschichte eines Liebespaares.

Jeder Autor kennt den Moment, wenn sich zwei ganz unterschiedliche Geschichten zu einer ganz neuen zusammentun. Fast augenblicklich vereinte mein Gehirn die beiden Ideen zu einer Geschichte. Dazu muss ich sagen, dass im gleichen Zeitraum mir der Wunsch angetragen wurde, doch eine kleine Geschichte für den Basteiverlag zu schreiben, die dann im John Sinclair Heftroman abgedruckt werden sollte.

Da ich praktisch mit den Geschichten rund um den Geisterjäger von Scotland Yard aufgewachsen bin; einen riesigen Respekt vor der Arbeit von Jason Dark habe, entschloss ich mich, diesem Wunsch nachzukommen und es gab keinen Zweifel, dass dafür die Geschichte um den Porrenfänger perfekt passte.

Im November setzte ich mich also hin und schrieb die erste Rohfassung der Geschichte. Schon beim Schreiben stellte sich heraus, dass sie viel zu lang wurde. Ich versuchte beim Schreiben darauf einzuwirken, versuchte mich am Ende so kurz wie möglich zu fassen, um dann sobald die erste Fassung fertig war, den Anfang ebenfalls zu trimmen.

Nun, das Ergebnis war alles, nur nicht annährend im Bereich von Gut. Während der Anfang einen Ton vorgab, der mir sehr gut gefiel, verflachte die Geschichte zum Finale hin. Kürzen? Das brachte ich nicht übers Herz. Daher legte ich diese erste Fassung erst einmal beiseite, bis ich eine Lösung für das Problem fand.

Anstatt die Geschichte zu kürzen, entschloss ich mich genau das Gegenteil zu tun. Den Anfang ließ ich wie er war; jedoch das Finale wurde komplett umgeschrieben und die Kürzungen, die ich bereits beim Schreiben vornahm, wieder eleminiert. Natürlich starb damit auch die Chance, dass diese Geschichte um den Porrenfänger im John Sinclair Heftroman abgedruckt werden konnte. Aber das störte mich weniger. 

Nun, wenn dann Mitte Februar die Geschichte auf den Markt kommt, hoffe ich, dass sie Euch genausogut gefällt wie mir. Alle Vorbereitungen zur Veröffentlichung als ebook sind abgeschlossen und das Datum wurde auf den 14.02.2022 - Valentinstag - festgelegt. Ich finde, der Tag ist perfekt dafür eine historische Liebesgeschichte zu veröffentlichen.

Ich wünsche Euch einen gesegneten Januar 2022!

Euer

Christian Bass

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