16. Oktober 2019

Realität vs Fantasie – oder Werbung in der Literatur


Als ich anfing zu schreiben, gab es für mich nur meine Fantasie. Ich schrieb, was mir in den Sinn kam und achtete darauf, dass nichts dem Zufall überlassen wurde und vor allem durfte die Realität auf gar keinen Fall in irgendeiner Weise zum Bestandteil meiner Geschichten werde. Jede Person, jeder Ort, jeder noch so kleinste Teil meiner Geschichte entstand aus meiner Fantasie heraus.
Und es sollte Jahre dauern, bis ich mich langsam dazu durchrang, eine Kombination aus eben meiner Fantasie und der realen Welt zu nutzen und damit begannen die Grenzen aufzuweichen. Immer mehr Erinnerungen aus meinem Leben wurden zum Bestandteil dieser erfunden Handlung, bereicherten meine bis dahin doch sehr monotone Charakter. Aber nicht nur ganze Erinnerungen fanden ihren Weg in diese Welt, sondern auch reale Orte.

Und das war erst der Anfang. Immer wieder tauchen mitlerweile reale Personen aus der Geschichte in meinen Werken auf, zwar meistens mit einer fiktiven Handlung, die sich jedoch an ihrem tatsächlichen Wesen oder Begebenheiten orientierte. Der Rechercheaufwand wurde mit jeder neuen Geschichte deutlich höher und ausufernder.
Als Kind konnte ich mir nichts besseres vorstellen, als meine Leser mit einer fiktiven Handlung in einer fiktiven Welt zu unterhalten, doch jetzt, als Erwachsener Mann, setze ich andere Maßstäbe an mich und mein Werk. Ich will nicht mehr nur noch unterhalten, sondern dem Leser immer auch eine Botschaft mit auf den Weg geben, oder ihn zumindest über bestimmte Geschehnisse und Notwendigkeiten informieren. Wo ich als Kind noch reiner Autor war, nimmt nun der Journalist in mir das Zepter in die Hand und vermischt beide Welten zu einer neuen.
Längst ist mir klar, dass ich dazu meine Leser aus der realen Welt abholen muss, was jedoch nur gelingt, wenn ich ihnen bekanntes aus ihrem alltäglichem Leben vor Augen führe. Und ganz ehrlich, die Zeiten wo fiktive Protagonisten mit Bärenfell als Kleidung sich von Liane zu Liane schwingen, sind einfach vorbei. Heutzutage tragen sie nun einmal Armani, Versace oder Lagerfeld, sofern sie nicht doch bei den bekannten Modehändlern wie Primart, C&A, usw ihre Klamotten kaufen. Und natürlich gehen real-wirkende Charaktäre dort essen, wie wir sterblichen es ebenfalls tun.
Aber nicht nur Orte und Marken nehmen immer mehr Einfluss auf meine Geschichten, sondern auch die Ereignisse der Zeit, sodass wir Autoren immer öfters ein Spiegelbild der tatsächlichen Gesellschaft erschaffen. Alles, was den Autoren beschäftigt, landet am Ende tatsächlich auch in seinem Werk, - was mitunter mit Sicherheit ein gefundenes Fressen für Abmahnanwälte ist, da die gesetzlichen Regelungen dabei noch recht unausgegoren und unübersichtlich sind.
Um sich diese Anwälte vom Leib zu halten, bedarf nicht nur ein mehr Aufwand an Recherche, sondern obendrein muss (darf) der Autor plötzlich Partnerschaften eingehen, die früher noch undenkbar waren. Allerdings hier kommt dann leider eine klare Regelung auf den Schreibenden zu, denn solche Partnerschaften muss er angeben, am besten bereits in einem Geleitwort vor der Geschichte, denn soll ja Menschen geben, die sich dadurch angefriffen und in ihrer Ehere gekrängt sehen, wenn sie lesen müssen, wie der Protaginist, den sie seit mehreren Seiten begleiten plötzlich an der Dönerbude um die Ecke dem türkischen Einwanderer ihre hartverdientes Hartz IV übergeben.
Was ich hiermit sagen möchte, nicht nur die Welt befindet sich in einem Wandel, sondern auch die fiktive Welt der Autoren unterliegt ihr. Unabhängig davon, ob dieser Wandel uns nun gefällt oder nicht, wir müssen ihn akzeptieren. Die Regeln mögen sich ändern, doch die Unterhaltung bleibt am Ende die gleiche.
Und unser primäres Ziel muss es sein, unsere Leser mitten im Altagsstress abzuholen und ihnen ein paar unterhaltenden, erholsame Stunden zu schenken. So wie die Influencer die Social-Media-Kanäle beherrschen, wird auch die Werbung einzug in fiktive Handlungen erhalten. Aber zurück aus der nahen Zukunft in meine Gegenwart.
Ich werde immer wieder reale Location mit in meine Geschichten einbauen, sofern sie in den Handlungsablauf reinpassen. So kann ich mir zum Beispiel sehr gut vorstellen, dass Hjalte Thomsen in „Die Insel im Glück“ durchaus einem das jugoslavische Restaurant Milan in Burg a.F. besucht. Naürlich würde mein Konto sich freuen, wenn ich dafür sogar noch bezahlt werden würde, aber da ich der Handlung folgen werde, und es mir im vorab noch nicht bewusst ist, wo sie mich überall hinführen wird, ist eine Partnerschaft diesbezüglich ausgeschlossen.
An dieser Stelle muss ich aber auch gestehen, dass ich bereits in meiner Vergangenheit bewusst Werbung in meine Geschichten eingebaut habe, da ich das beworbene Produkt so toll fand, dass ich es der Welt einfach mitteilen musste. Der Ferienhof Presener Deichkrone ist zum Beispiel ein solches Produkt, welches immer wieder in meinen Geschichten auftaucht, auch weil ich auf diesem Bauernhof die Sommer meiner Kindheit verbracht habe.
Und natürlich musste Teddy aus „Gefahr über den Wolken“ in einer Condormaschine nach Mauritius fliegen, die im realen Leben zwar vom Hersteller Boing stammt, aber in der Geschichte kurzerhand von Airbus gebaut wurde. Jeder meiner Flüge zwischen Deutschland und Mauritius fand mit eben Condor statt und da gleich zwei meiner Verwandten bei Airbus arbeiten, und ich den Sitzkomfort dieser Flugzeuge liebe, habe ich diesen Wechseln einfach vorgenommen. Wurde ich dafür bezahlt? Nein, ich tat es aus dankbarkeit für ihre tolle Leistung.
Und genauso werde ich es immer handhaben: erst kommt die Idee, dann folgt die Umsetzung unter einbeziehung meiner persönlichen Erfahrungen, positiv wie negativ, denn das Gebot der Stunde ist, und sollte es auch immer sein: Ehrlichkeit.
Euer
Christian Bass

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