In der
Verlagsbranche sprechen sie gerne einmal von totem Kapital oder unverkäuflicher
Materie, sobald das Thema Gedichte fällt. Ich weiß nicht, wie viele solcher
Gespräche ich in den letzten Jahren geführt habe, aber sie endeten alle immer
mit dem Ratschlag, doch bitte etwas Anständiges zu schreiben, etwas Anständiges
wie einen Roman.
Nun, natürlich
habe ich auch anständige Literatur geschrieben, nur um zu hören, dass die guten
alten Zeiten der Kurzgeschichte vorbei sei und die heutigen Leser nichts lesen
wollen, was kürzer als ein Roman ist. Also ich hab da durchaus andere Erfahrungen
gemacht, also können wir dieses Nonsense hier und jetzt beiseite lassen.
Jedoch nicht
ohne festzustellen, dass da durchaus ein Funke Wahrheit an ihren Aussagen ist.
Tatsächlich hat es den Eindruck, dass die Zeitepoche der deutschen Dichter und
Denker vorbei ist, auch wenn ich mich weigere dies zu glauben. Wenn wir zum
Beispiel einen Blick auf die Modewelt werfen, werden wir erkennen, wie verschiedene
Trends immer wieder auftauchen. Und in der Musik ist es nicht anders. Neue
Trends kommen und gehen und dazwischen tauchen immer wieder die alt-ehrwürdigen
Sounds auf. Und was sowohl in der Modewelt und der Musikindustrie passiert,
wird auch vor dem Buchmarkt nicht halt machen.
Stephen
King und viele andere mehr oder weniger berühmte Autoren beweisen uns noch
heute, dass Kurzgeschichten immer noch ein wichtiger Teil unserer
Lesegewohnheiten, egal ob in Magazinen oder zusammengepackt in Anthologien. Und
dank des neuen, digitalen Zeitalters, verursacht eine solche kurze Geschichte
auch keine großen Kosten mehr.
Und was
bei Kurzgeschichten funktioniert, wird auch bei Gedichten klappen. Am Ende braucht
es nur einen einzigen Funken, um einen neuen Flächenbrand zu entfachen.
Immer
wieder habe ich in meinem Leben gelernt, insbesondere in den letzten zwei Jahrzehnten,
seit ich mich traditionel veröffentlichter Autor nennen darf, dass alles seine
Zeit hat und wirklich nichts und niemand seinem Schicksal voraus greifen kann.
Vielleicht
hat der Buchmarkt recht und bei Poesie handelt es sich um totes Kapital, aber
heißt dies dann auch, dass für alle Zeiten so bleiben wird?
Ich habe
keine faktische Antwort auf diese Frage, was mich aber nicht davon abhält, auch
weiterhin mit den Feuersteinen zu klimpern. Vielleicht entsteht ja dabei genau
dieser eine Funken, der den neuen Flächenbrand entfacht und die Dichter und
Denker zurück an die Oberfläche des Bewusstseins der modernen Gesellschaft führt.
Die Hoffnung stirbt stets zuletzt, und solange ich lebe, werde ich diese
Hoffnung in mir tragen.
Meine
Karriere began mit Gedichten. Erst ein paar Jahre nach den ersten Gedichten
begann ich damit Geschichten zu Papier zu bringen. Ich gestehe, Geschichten
schreiben stand damals nicht auf meiner Bucketliste. Ich träumte davon, einmal
ein großer, weltberühmter Komponist und Musiker zu werden. Nach einigen Jahren
hatte ich die Eingebung, ich brauche Texte zu meinen Melodien und der zehnjährige
Junge von einst, keinen Kontakt zu Textern hatte, musste er diese eben selber
schreiben.
Im Laufe
der Zeit, ließ ich das Komponieren bleiben und konzentrierte mich voll und ganz
auf die Texte und dabei entdeckte ich den Geschichtenerzähler in mir. Langsam
aber sicher verwandelte ich mich in einen seriösen Autor vor Kurzgeschichten,
wobei ich nie wirklich aufhörte Gedichte und Songtexte zu schreiben. Doch immer
weniger gefiel es mir, so etwas zu schreiben, schließlich schrieb kein ernstzunehmender
Gegenwartsautor mehr Gedichte.
Es
dauerte nicht lange, bis ich diese negative Einstellung wieder begrub und baute
mir meine ganz eigene Art die Leser mit Kurzgeschichten und Gedichten zu
unterhalten. Mittlerweile weiß ich – und liebe ich – Poesie, für dass was sie
wirklich ist und noch immer für viele Menschen bedeutet. Gedichte mögen
meistens keine leichte Unterhaltung bieten, viel eher begleiten sie ihre Leser
auf eine Reise zum Mittelpunkt ihres Seins, reflektieren dabei die innersten
Gefühle.
Mit nur
wenigen Worten greifen Gedichte auf die tiefsten unserer Gefühle zu, und selbst
wenn nur einen kurzen Augenblick unseres Alltags beleuchten, so steckt doch
auch immer ein tiefes Gefühl darin verpackt. Und genau das macht ein gutes
Gedicht aus, es berührt unser Herz. Mehr als jedes andere Genre, lebt die
Poesie von den Gefühlen des Schreibers, sowie auch des Lesers und nur wenn
beide Seiten sich tatsächlich vereinen, kann sie ihre volle Macht entfalten und
uns auf eine Reise in die Tiefen der Kreativität, dem Mittelpunkt unseres
Herzes schicken.
In den letzten
drei Jahrzehnten habe ich bestimmt tausende Gedichte und Songtexte geschrieben,
in den verschiedensten Sprachen und bis zum heutigen Tag habe ich mehrere
Gedichtbände veröffentlicht. Mein Lieb,wie tief erfüllst du mich? machte 2012 den Anfang, gefolgt von Das Fenster zur Welt und Schleswig-Holstein, Gedichte meiner Kindheit.
Wenn ich
mir die Verkaufszahlen dieser Gedichtbände vor Augen halte, und sie mit den
Kurzgeschichten vergleiche, dann macht es scheinbar keinen Sinn, noch einen
weiteren auf den Markt zu bringen. Doch ich weiß, dass vielen Menschen meine
Gedichte gefallen, zumindest jene, die ich immer mal wieder gratis
veröffentliche. Das Interesse ist also da, nur es legt sich noch nicht in den
Verkaufszahlen nieder.
Einige
Dichterkollegen verfluchen jene Menschen, die ihre Werke gratis im Internet
anbieten, glauben fest daran, dass dadurch ein solches Überangebot entstanden
ist, dass sich bei Gedichten einfach keine Käufer mehr finden lassen.
Ich gebe
ihnen nur bedingt recht, denn de facto herrscht ein riesiges Angebot aus gratis
Gedichten im WorldWideWeb, da wird jeder recht schnell und einfach fündig und
dennoch hoffe und vertraue ich darauf, dass es trotzdem noch immer Leser gibt,
die den wahren Wert von Gedichten und uns Dichter anerkennen und durchaus hin
und wieder einmal in einen Gedichtband investieren.
Aber
auch wir Poeten müssen akzeptieren, dass sich die Gesellschaft verändert hat,
dass die alt-ehrwürdigen Zeiten nun einfach vorbei sind. Aber ich bin mir
sicher, wir können unseren Platz in der modernen Welt finden, wenn auch wir uns
langsam ins digitale Zeitalter begeben und nicht mehr länger der Zeitepocher
der Dichter und Denker nachtrauern. Wir alle müssen begreifen, dass sowohl Rap
wie auch HipHop auf Poesie basiert. Und fast jede Stadt und Gemeinde
veranstaltet mittlerweile wenigstens einen PoetrySlam im Jahr. Alleine dieser
Tatbestand zeigt doch sehr deutlich, dass es immer noch ein Intresse an
Dichtern gibt. Wie müssen
uns der neuen Zeitepoche einfach nur anpassen.
Gerade
in harten Zeiten wie diesen brauchen die Menschen eine schnelle Reise zum
Mittelpunkt des Seins, einen flüchtigen Urlaub aus ihrer von Sorgen bestimmten
Gegenwart und wir Poeten können ihnen genau eine solche kurze Pause bescherren.
Unsere Zeit wird kommen und wir werden wieder auferstehen!
Euer
Christian
Bass
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